Die Geschichte.

1888 - die Zeit der Industrialisierung ist in vollem Gange. Chemnitz, das sogenannte Sächsische Manchester, entwickelt sich rasch zu einem der wichtigsten Standorte Europas für die Textilindustrie und den Maschinenbau. Der Austausch von Ideen bringt zahlreiche Innovationen und Neugründungen mit sich. In genau dieser Zeit gründet Karl Robert Wagner, gelernter Schlosser, seine Eisenwarenfabrik Rowac. Vorausschauend gelingt es ihm mit dem weltweit ersten genieteten Sitzmöbel aus leichtem Bandstahl, einen Schritt zu wagen, der zum Erfolg wird. Er wird zur Ikone unter den Rowac-Produkten und schafft es bis in die Werkstätten und Lehrräume vom Bauhaus Weimar, Dessau und Berlin.

Eine Gruppe von Bauhäuslern, sitzend auf Rowac-Schemeln – 1923, Weimar

Eine Gruppe von Bauhäuslern, sitzend auf Rowac-Schemeln – 1923, Weimar

Der Anfang.

 

In armen Verhältnissen aufgewachsen, verdient Karl Robert Wagner schon früh seinen eigenen Lebensunterhalt. Als gelernter Schlosser reist er durch Europa und kann dabei Kenntnisse und Fähigkeiten enorm erweitern. Zurück in Chemnitz erhält er daher gute Arbeitsangebote. Doch er will mehr und kauft sich schließlich mit gesparten 400 Mark das nötige Werkzeug und eine Drehbank, um sich selbstständig zu machen. Schnell macht er sich mit seinen Produkten, wie Fensterverschlüssen und -öffnern, einen Namen.

Porträt von Robert Wagner, dem Gründer der Firma Rowac im Jahr 1913.

Karl Robert Wagner im Jahr 1913

 
 
Eine Anzeige von 1905 für den Rowac-Kippfensterverschluss.

Ein neuer Weg.

 

Der Bedarf an funktionalen und zugleich langlebigen Betriebseinrichtungen wächst, das Sitzen bei der Arbeit wird immer wichtiger. Mit der Erfindung des Stahl-Schemels ist Rowac das erste Unternehmen, welches Möbel aus Blech herstellt. Jahrelange Versuche, Berechnungen und Beobachtungen fließen in Entwicklungen optimaler Sitz- und Rückenlehnenformen ein; Rowac wird zum Pionier der Ergonomie. Es entsteht eine breite Produktpalette für Werkstätten und Büros, darunter Stühle, Tische, Werkzeugkisten und -schränke.

 
 
Rowac-Anzeige für den Schemel oder Hocker im Prospekt des Bauhauses Dessau – um 1927

Rowac-Anzeige im Prospekt des Bauhauses Dessau – um 1927

Ein Bildhauerin arbeitet an einer Skulptur, während sie auf einem Rowac-Drehstuhl oder Architektenstuhl sitzt.

Krieg und was dabei verloren geht.

 

Der Zweite Weltkrieg bringt für Rowac erhebliche Einschränkungen in der Produktion und Belieferung seiner europaweiten Kundschaft. Trotz eines Herstellungsverbots für Stahlmöbel kann die Firma Rowac zunächst weiter bestehen. Dies gelingt jedoch nur, weil zum Einen die Konstruktion der Möbel so umgestaltet wird, dass anstelle von Stahl hauptsächlich Holz verwendet wird, und zum Anderen Rowac die strikten Vorschriften der Regierung einhält und Aufträge für verschiedene staatliche Institutionen ausführt. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Einrichtungsgegenstände, z.B. für Luftschutzbunker, andererseits aber auch um Munitionskästen.

Das Rowac Fabrikgelände – Annaberger Straße 282 a, Chemnitz

Was bleibt.

 

Trotz der zwangsweisen Einstellung der Produktion durch die Enteignung in der sowjetischen Besatzungszone 1946 werden Rowac-Produkte Jahrzehnte lang in den bisherigen Betriebsstätten weiter genutzt. Erst als sich diverse Fabriken auflösen oder modernisiert werden, landet leider viel auf den Schrottplätzen. Die Stücke, die gerettet oder wiederentdeckt werden, sind oftmals liebevoll repariert oder restauriert, werden gesammelt und gehandelt. Sie sind heutzutage in Museen ausgestellt und haben im privaten und öffentlichen Bereich ihren Platz. 

Next
Next

Die Rückkehr einer Legende.